Arbeit, die Sinn macht, also “Purpose” hat in Kombination mit der modernen Arbeitsweise “New Work”. Das ist ein Thema, welches immer mehr an bedeutung gewinnt. Aber wieso ist es so wichtig, dass hinter einem Unternehmen ein Purpose steht, der nicht Gewinnmaximierung heißt? Und was ist überhaupt falsch an „Old Work”?
Es ist an der Zeit etwas zu verändern
In Zeiten, in denen die Digitalisierung einen wahren Wandel in die gewohnte Arbeitswelt bringt und viele Jobs keine Menschen mehr benötigen, bekommen wir die Chance, Arbeit neu zu gestalten. Viele Menschen suchen nach einer Arbeit, die sie erfüllt, fordert und sinnvoll ist – denn Roboter für stupide Tätigkeiten wird es genug geben. Auf die Menschlichkeit und Kreativität kommt es in Zukunft an.
Klingt das zu gut, um wahr zu sein? Tatsächlich ist die Umgestaltung der Arbeitswelt bereits jetzt am Vormarsch und einige Unternehmen zeigen vor, wie das geht. Bei ihnen geht es um einen sinnvollen Unternehmenszweck, welcher nicht die Gewinnmaximierung ist, gewaltfreie Kommunikation, um Spannungen in offenen Gesprächen zu lösen und selbstbestimmte Arbeit.
Unternehmen zeigen, wie das geht
In diesem Gastartikel kannst Du deshalb von einem absoluten Vorzeigebeispiel, der Purpose Firma soulbottles, mehr über New Work erfahren und einen Einblick in deren Erfahrungen damit bekommen. Egal ob du selbst UnternehmerIn, oder ob du ein Angestellt bist – für beide Seiten gibt es neue Ansätze und Möglichkeiten um mit den neuen Chancen unserer Zeit erfolgreich zu werden.
soulbottles Gründer ist auch bereits Teil unserer Green Business Interviews, indem du noch mehr Einblick in die Geschichte des Unternehmens und das Mindset erhältst.
Falls du Fragen zu diesem Thema hast oder du bereits selbst Erfahrungen mit New Work sammeln konntest, dann schreib das gerne in die Kommentare!
Viel Spaß beim Lesen!
Der Purpose von Unternehmen
Es ist für unsere Gesellschaft und unseren Planeten dringend notwendig, dass die Wirtschaft anfängt Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung dafür, dass nicht nur direkte Stakeholder von einem Unternehmensmodell profitieren, sondern alle Menschen auf dieser Erde und unsere Umwelt. Und darauf bezogen, haben Purpose-Unternehmen eine riesige Wirkungskraft. Denn sie können Gewinne erwirtschaften und diese nutzen, um ihrem Purpose näher zu kommen. Sie können also schnell, aktiv und zielgerichtet eine Veränderung in der Welt bewirken.
Was ist „New Work“?
New Work bezeichnet eine Arbeitsweise in der Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe im Mittelpunkt stehen. Das bedeutet, dass klassische Hierarchien aufgebrochen und Entscheidungsprozesse gemeinsam gefunden werden. Arbeitnehmer*innen sind selbst für ihre Zeiteinteilung verantwortlich, wählen den Ort ihres Arbeitsplatzes und können eigene Projekte anstoßen.
Dieses Verständnis von Arbeit passt nicht zufällig zu vielen Purpose-Unternehmen. Denn Arbeitnehmer*innen wählen Unternehmen, deren Purpose sich mit ihren eigenen Visionen deckt. Gemeinsam an einem Ziel zu arbeiten und Platz für Selbstverwirklichung zu haben, bedeutet einerseits eine hohe Mitarbeiter*innenzufriedenheit und andererseits eine große Wirkung. Neben der Motivation für den Gehaltserwerb kommt nämlich noch die persönliche Motivation hinzu.
Erfahrungen aus der Praxis
soulbottles war von Anfang an ein Unternehmen mit Purpose, denn das Unternehmen wurde gegründet, um eine Vision zu erreichen: Alle Menschen handeln gerne sozial-ökologisch nachhaltig, konsumieren ohne den Planeten unnötig zu belasten und haben Zugang zu sauberem Trinkwasser. Deswegen sind wir ein zertifiziertes Purpose-Unternehmen, wir gehören uns also selbst und sind rechtlich daran gebunden, unserer Vision treu zu bleiben. Das Unternehmen gehört damit seinen eigenen Mitarbeiter*innen und dadurch macht eine Unternehmensstruktur, in welcher jede*r mitbestimmen kann, Sinn.
Holakratie
Wir bei soulbottles haben die Form der Holakratie gewählt, in der vor allem das selbstverantwortliche Arbeiten und die integrative Entscheidungsfindung im Mittelpunkt steht. Dazu ist es notwendig, dass Aufgabenbereiche definiert sind und klar ist, wer für was verantwortlich ist. Diese Zuordnung ist aber wiederum dynamisch und kann von den Mitarbeiter*innen verändert und angepasst werden.
Dazu erfüllt jede*r Mitarbeiter*in eine oder mehrere Rollen und in einer Rollenbeschreibung ist festgelegt, was in der Verantwortung dieser Person liegt. In diesem Verantwortungsbereich wird dann eigenständig und ohne Manager entschieden. Wenn ich meine Rolle verändern möchte, also Aufgaben abgeben oder Rechte dazu gewinnen möchte, ist das per integrativer Entscheidung möglich.
Integrative Entscheidung kommt auch dann ins Spiel, wenn mehrere Rollen oder das ganze Unternehmen betroffen sind. Es wird ein Vorschlag gemacht und dieser wird integrativ geprüft. Also kein Manager und keine Mehrheit entscheidet, sondern es geht immer nach dem Motto „Bringt uns das unserem Purpose näher?”, „Is it safe enough to try?” und „Gibt es valide Einwände dagegen?”
Ein Beispiel für so einen Vorschlag wäre unser soulincubator. Denn mit unserem Förderprogramm für Start-Ups, die sich der Plastikkrise entgegen stellen, kommen wir unserem Purpose erheblich näher. Oder der Vorschlag, dass es jeden Tag frisches vegan/vegetarisches Mittagessen für alle gibt – wenn circa 50 Menschen mindestens fünf vegetarische Gerichte pro Woche essen, spart das jede Menge CO2.
Gewaltfreie Kommunikation
Bei dieser Art von Arbeit ist bei Abstimmungsprozessen vor allem eine gute Kommunikation und konstruktive Feedbackkultur gefragt. Hierfür arbeiten wir mit Gewaltfreier Kommunikation (GfK). Das bedeutet nicht, dass es nie Konflikte gibt. Sondern es wird viel eher ein Raum geschaffen, in dem Spannungen offen angesprochen werden können. Denn in Spannungen ist immer Wachstumspotenzial, sowohl für das Unternehmen als auch auf persönlicher Ebene.
Eine Grundlage der GfK ist die Unterscheidung zwischen Emotion, Bedürfnis und Strategie. Bedürfnisse sind universell und unbewertbar – jeder Mensch hat das Bedürfnis nach Sicherheit, Freiheit, Struktur, etc. – aber die Strategien, um die Bedürfnisse zu erfüllen und welche Emotionen dadurch entstehen, sind von Mensch zu Mensch verschieden. Wenn ich in einer Konfliktsituation das Bedürfnis hinter der Emotion und Strategie erkennen kann, fällt es mir viel leichter, darauf zu reagieren.
Zum Beispiel, wenn jemand sagt: „Dass wir keinen festgelegten Prozess für diese Situation haben, bereitet mir Sorgen, da mein Bedürfnis nach Struktur nicht erfüllt wird.” anstatt „Du arbeitest viel zu unstrukturiert!”, kann ich viel besser darauf eingehen. Ich fühle mich durch die Aussage nicht persönlich angegriffen und kann eine Strategie finden, die für uns beide passt.
Eine erfolgreiche Kombination
Aus der Kombination von Self-Ownership, Holakratie und Gewaltfreier Kommunikation entsteht eine Kultur, in der Menschen mutig und unternehmerisch an Dinge herangehen können. Mit diesem proaktiven und lösungsorientierten Ansatz können wir auf eine positive Art möglichst viele Menschen erreichen und sie durch soulbottles mit den Themen Wasser und Nachhaltigkeit in Kontakt bringen.

Über die Gastautorin
Eva Fischer arbeitet seit August 2019 bei soulbottles, was 2012 als Sozialunternehmen gegründet wurde und nachhaltige, vegane und plastikfreie Trinkflaschen herstellt. Mit den Produkten animieren wir Menschen zu dem Konsum von Leitungswasser. Denn das ist gesund, klimafreundlich und spart jede Menge Plastikmüll. Zusätzlich fließt pro verkaufter soulbottle 1 € an Viva con Agua de Sankt Pauli e.V. Die NGO setzt Trinkwasserprojekte im globalen Süden um und ermöglicht damit Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser.